Hinweisgebersysteme – Nicht nur die Software macht’s… (Teil 1)

Compliance Hinweis

Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1937 wird die Einführung von Hinweisgebersystemen für deutsche Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten zur Pflichtübung. Dabei ist der Begriff des „Systems“ ein Stück weit irreführend, denn es ist nicht ausschließlich die Verwendung von Software damit gemeint.

Hinweisgeber- oder Whistleblowing-Software gibt es in hinreichender Auswahl am Markt. Wer aber nun der Auffassung ist: „Nun gut, dann schaffen wir halt so eine Software an und gut ist.“, der greift ein ganzes Stück zu kurz. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht.

Rechtliche Rahmenbedingungen sind offen gestaltet

Die EU-Richtlinie 2019/1937 spricht in ihrem Artikel 9 zunächst einmal vollkommen neutral von „Meldekanälen“, also Zugangswegen, über die ein Hinweis zu einem Fehlverhalten gegeben werden kann. Diese Kanäle müssen gemäß Artikel 9 Abs. 2 eine Meldung in schriftlicher oder mündlicher bzw. in beiden Formen ermöglichen.

Damit käme auch der in der Vergangenheit teilweise eingesetzte „Hausbriefkasten“, in den man als Beschäftigter des Unternehmens ein Schreiben einwerfen konnte, als mögliches Instrument für eine Meldung in Frage. Das Problem dabei: die Umsetzung der Vorgaben aus den Artikeln 4 (Persönlicher Anwendungsbereich) und 9 (Verfahren für interne Meldungen und Folgemaßnahmen)

Im persönlichen Anwendungsbereich legt die EU-Richtlinie fest, welche Personen als Hinweisgeber in Erscheinung treten können. Dabei werden u.a. auch Unterauftragnehmer, Lieferanten, ehemalige Mitarbeiter sowie Dritte genannt.

Da ein interner Briefkasten kaum im Zugriff von Personen außerhalb des Unternehmens liegt, scheidet damit diese Möglichkeit der Umsetzung bereits früh aus.

Ergänzend fordert Artikel 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie, dass Meldekanäle so sicher zu konzipieren, einzurichten und zu betreiben sind, dass die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgeber zu wahren und ein unbefugter Zugriff zu verwehren ist.

Auch diese Anforderung unterbindet die Verwendung von Hausbriefkästen zur Abgabe von Meldungen.

Bleibt also doch nur noch die Software-Lösung? Nun, eine Hinweisgeber-Software kann ein Element einer Lösung, muss aber – so wie die Richtlinie es ausführt – nicht die einzige Komponente sein.

Erfolg von Hinweisgebersystemen

Ist der Entschluss gefasst, eine Hinweisgeber-Software einzusetzen, stellt sich nun die eigentliche Aufgabe: dieses System im Unternehmen einzusetzen. Dabei sind mit Einsatz nicht Installation und Betrieb der Software gemeint. Dies lässt sich im Normalfall mit relativ geringem Aufwand bewerkstelligen. Ganz entscheidend ist vielmehr die Art und Weise des Einsatzes, dass im Unternehmen nicht gegenseitiges Misstrauen und Denunziantentum gefördert werden. Diesem gilt es vorzubeugen. D.h. die Vorbereitungs- und Einführungsphase ist von elementarer Bedeutung für den späteren „Erfolg“ eines Hinweisgebersystems.

Aber, was heißt eigentlich „Erfolg“ in diesem Zusammenhang? Die Anzahl der gemeldeten Verdachtsfälle? Eher weniger. Die Höhe der aufgedeckten Unterschlagungen oder Betrugssachverhalte? Wohl kaum.

Was macht also den Erfolg eines Hinweisgebersystems aus? Um dies zu beantworten, muss man sich zunächst im Klaren darüber sein, was ein Hinweisgebersystem leisten kann.

Und genau das schauen wir uns im zweiten Teil des Artikels an…

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