Hinweisgebersysteme – Nicht nur die Software macht’s… (Teil 2)

Compliance Hinweis

Nachdem wir im ersten Teil des Artikels gesehen haben, dass die EU-Richtlinie 2019/1937 nicht ein bestimmtes „System“ vorgibt oder gar die Anschaffung einer Software verlangt, setzen wir uns nun im zweiten Teil des Artikels mit dem Erfolg eines Hinweisgebersystems bzw. dessen Erfolgsfaktoren auseinander.

Wirtschaftlicher Nutzen von Hinweisgebersystemen

Der wesentlichste Aspekt beginnt bereits mit der Grundüberzeugung: dieses System wird nicht eingesetzt, weil der Gesetzgeber das Unternehmen dazu verpflichtet (dies sollte bestenfalls der konkrete Auslöser sein), sondern weil es einen Nutzen für das Unternehmen und seine Beschäftigte bewirken kann.

Welcher Nutzen könnte aus Hinweisen entstehen? Hinweise beziehen sich auf Fehlverhalten. Ein derartiges Fehlverhalten in Form von Ausnutzen von Schwachstellen wird oftmals erst mit tiefer Kenntnis der Unternehmensprozesse ermöglicht. D.h. Hinweise lassen Rückschlüsse auf potentielle Kontrollschwächen und Prozesslücken zu, deren Beseitigung zu einer Stabilisierung des Unternehmens beitragen.

Mit einer derartigen Stabilisierung des Unternehmens geht wiederum eine frühzeitige Erkennung von Risiken einher, die bei systematischer Einbindung einen Einfluss auf das betriebliche Risikomanagement nehmen kann.

Aber nicht nur betriebswirtschaftlich „harte Fakten“ sprechen Hinweisgebersystemen einen Nutzen zu. Auch die berühmten „soft facts“ sind nicht zu vernachlässigen. So stärkt bspw. ein ethisches Arbeitsklima nachweislich das Vertrauen der eigenen Mitarbeiter in das Unternehmen und in die Unternehmensleitung. Nicht zu vergessen: eine positive Außendarstellung des Instruments „Hinweisgebersystem“ trägt klar zu einer Stärkung der Reputation bei.

Vorbereitung ist Alles

Was ist nun aber erforderlich, um einen derartigen Nutzen hervorzurufen? Was sind die Voraussetzungen, die kritischen Erfolgsfaktoren dafür? Klare Aussage: eine gute und strukturierte Vorbereitung und Einführung!

Hierbei sind einige Elemente von zentraler Bedeutung. Angefangen von der positiven Einstellung der Unternehmensleitung zur Thematik (Stichwort: „Vorleben“), über die entsprechenden organisatorischen Rahmenbedingungen (interne Richtlinie/Anweisung, Ansprechpartner und der Einbindung von Mitbestimmungsgremien) bis hin zur Kommunikation des Themas in die Belegschaft (über Schulungen, E-Mailnachrichten, o.ä.). Insbesondere dem letztgenannten Punkt kommt sehr hohe Bedeutung zu: schließlich sollen Denunziantentum und eine Atmosphäre des Misstrauens vermieden werden. D.h. es gilt im Vorfeld – vor der Einführung des Systems – die Belegschaft an das Thema heranzuführen und mitzunehmen. Erst dann haben Hinweisgebersysteme die Chance, über das Stadium der „gesetzlichen Vorgabe“ hinauszukommen und ihren Nutzen zu erzielen.

Die Phase nach der Einführung soll an dieser Stelle aber nicht vernachlässigt werden. So überzeugend die Argumentationen in der Vorbereitungsphase seien mögen, sie werden in den ersten Wochen und Monaten nach der Einführung sehr sorgfältig durch die Belegschaft auf den Prüfstand gestellt. Und dieser Prüfstand heißt „Integrität“. D.h. handeln die Akteure nach den von ihnen dargestellten Aussagen bzw. werden Hinweise vertraulich behandelt und haben sie wahrnehmbare Konsequenzen?

Damit wird klar: die Software ist zwar ein wichtiges Element, aber auch nur ein Element von Mehreren, die Wohl und Wehe eines Hinweisgebersystems im Unternehmen beeinflussen.

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